Mittwoch, 28. Juni 2023

Team apha-Van Zon-BMW in Most: Nichts für schwache Nerven

Hinter dem deutsch-belgischen Team BCC-alpha-Van Zon-BMW von Andy Gerlich und Werner Daemen liegen zwei anstrengende Wochen, prall gefüllt mit packendem Motorrad-Rennsport auf höchstem Niveau. Nach dem erfolgreichen Abstecher bei der Langstrecken-Weltmeisterschaft in Spa-Francorchamps fand sich das Team am vergangenen Wochenende in Tschechien ein, wo im Autodrom von Most der dritte von sieben Läufen der Internationalen Deutsche Motorradmeisterschaft 2023 stattfand. Mit dabei in der IDM Superbike: Ilya Mikhalchik (Ukraine), Kamil Krzemien (Polen), Bálint Kovács (Ungarn), Philipp Steinmayr (Österreich) und Max Schmidt (Deutschland).

Ilya Mikhalchik holt ersten Saisonsieg in Most
Foto: Jens Hawrda

llya Mikhalchik   war nach dem dritten Platz von Spa im Rahmen der Endurance-WM mit gestärktem Selbstbewusstsein und frischem Mut nach Tschechien gereist. Nach seiner Nullnummer beim letzten IDM-Meeting in Oschersleben muss sich der Ukrainer mit seiner BMW nun ordentlich ins Zeug legen, wenn er in Sachen IDM-Titel noch ein Wörtchen mitreden will. Dass er dazu in der Lage und auch top motiviert ist, stellte er in den beiden Zeittrainings mit der Bestzeit von 1.32,712 min. klar. Die Erleichterung war ihm im Anschluss anzumerken. «Das war es, was wir gebraucht haben», stellte er fest. «Das andere ist die Vergangenheit. Ich habe sogar extra neue Farben und ein neues Design für meinen Helm gewählt.» Das erste Mal seit drei Jahren konnte der Ukrainer, der aktuell fern seiner Heimat in Polen lebt, auch wieder Familie und Freunde an der Rennstrecke begrüßen, die die beschwerliche Reise aus der Ukraine nach Most angetreten hatten, um ihn tatkräftig zu unterstützen. «Das ist wichtig für mich, denn wir haben eine schwere Zeit hinter uns», erklärt er.

Am Start zum ersten Rennen des Tages wollte es Mikhalchik dann wissen und zündete den Turbo. «Leider war ich dann ein wenig spät auf der Bremse», schildert er. Den Eingang zur ersten Schikane verpasste er nach dem Spätbrems-Manöver und musste daraufhin den Notausgang und den etwas längeren Weg außenherum wählen. In der Verfolgergruppe reihte er sich wieder im Feld ein. Mit einem beherzten Angriff am Ende des Rennens quetschte sich der Ukrainer noch an am Esten Hannes Soomer vorbei auf Platz 2. «Nach drei, vier Runden hatte ich ein paar Probleme mit der Bremse, sie wurde heiß», berichtet er nach der Zielankunft, «daher konnte ich nicht das Potenzial abrufen, zu dem ich normalerweise in der Lage bin. Platz 2 war nicht das Ergebnis, was ich wollte, aber es ist trotzdem schön, wieder zurück auf dem Podium zu sein.»

Im zweiten Lauf dann der Befreiungsschlag des Ukrainers, der aber auch da nicht ohne Schrecksekunde in der ersten Schikane davonkam, als er im allgemeinen Tumult steckenblieb und anschließend zu einer spektakulären Aufholjagd ansetzte, nach der er sich zum Sieger des Rennen küren durfte. «Jetzt bin ich happy», dann auch sein Kommentar. «Mein Team war unglaublich und hatte noch einiges geändert. Auch mit der Bremse war alles so perfekt wie es sein soll. Nach dem Start ging es ein wenig aggressiv zu. Einer stürzte, ein anderer berührte mein Motorrad. Ich wäre fast im Graben gelandet und habe an die zehn Plätze verloren. Doch mit einem straffen Tempo, vor allem am Ende, habe ich mich zurückgekämpft. Ein tolles Gefühl. Ich hoffe, es geht in diesem Stil weiter.»

Bálint Kovács  kam leicht ramponiert von Belgien nach Most gereist. Doch seinen Sturz aus der Endurance-WM hatte der Ungar gut weggesteckt und nur noch ein paar blaue Flecken erinnern ihn an das Missgeschick. Beim Zeittraining von Most konnte er sich am Nachmittag Stück für Stück verbessern und sich Startplatz 10 sichern. «Ich kenne die Strecke in Most gut», schildert er. «Auch meine körperliche Verfassung wird von Tag zu Tag stärker. Der zehnte Platz im Quali war denkbar knapp, die Zeiten waren echt eng beisammen. Normalerweise bin ich in den Rennen immer noch ein bisschen besser.»

Im ersten Rennen kam der BMW-Pilot zwar gut von seinem Startplatz weg, musste aber in der ersten Schikane den Umweg über die Außenbahn nehmen. Danach fand er sich mitten im Feld wieder und konnte sich nach dem einen oder anderen Match den zehnten Platz sichern. Noch besser lief es für den Ungar in Lauf 2, den er auf Platz 7 beendete. «Im Großen und Ganzen war es kein schlechtes Wochenende», meinte der Ungar anschließend. «Ich will näher and die Spitze herankommen. Schon in Oschersleben war ich an den schnellen Jungs dran und da wollte ich weitermachen. Es war nicht das einfachste Wochenende in Most und ich war noch nicht ganz da, wo ich hinwill. Im ersten Rennen sind mir zuviele Fehler unterlaufen, unter anderem habe ich den Eingang zur Schikane verpasst. Danach war es ein ganz schön hartes Rennen. Platz 10 war das Beste, was ich holen konnte. Das zweite Rennen war besser, meine Pace war besser und ich war zehn Sekunden näher an der Spitze dran. Es war eine Verbesserung, aber ich will noch mehr erreichen. Die Sommerpause wird mir guttun und ich werde stärker zurückkommen.»

Philipp Steinmayr  raufte sich nach dem Trainingsfreitag von Most noch ein wenig die Haare. «Ich hätte das dritte freie Training echt noch gebraucht», gab der Österreicher zu, nachdem es begonnen hatte zu regnen und er und seine BMW in der Box geblieben waren. «Das Level in der IDM Superbike ist einfach brutal hoch und ich habe das Gefühl, alle anderen hocken ständig auf dem Motorrad. Ich hatte keine Möglichkeit zwischen den IDM-Rennen zu testen. Ich bewundere Ilya Mikhalchik dafür, wie schnell er sich da umstellen kann. Mit dem Team bin ich happy, ich selber muss noch schauen, wie ich mit neuen Reifen besser klarkomme.»

Nach Platz 11 im Training rackerte sich Steinmayr im ersten Lauf auf den neunten Rang. «Mein Plan ging auf», freute er sich anschließend. «Denn da wollte ich hin und durch das Reverse Grid im zweiten Lauf stand ich in der Startaufstellung mit Reihe 2 ein ganzes Stück weiter vorne.» Im zweiten Lauf ging es weiter vorwärts, Steinmayr hielt sich in der turbulenten Verfolgergruppe wacker und belohnte sich mit Platz 6. «Da ich am Samstag schon ein paar Runden mit meinem vorderen Rennreifen gefahren bin, ich wollte noch eine gute Zeit fahren, war der im Rennen halt nicht mehr ganz neu. Das hat man gemerkt, dass er schon mal aufgeheizt war. Im zweiten Rennen habe ich zugegebenermaßen auch ein wenig von den Ausfällen profitiert.»

Die vierwöchige IDM-Pause wird bei Steinmayr Motorrad-frei sein. «Alleine testen zu gehen bringts nicht, da brauche ich dann schon den Austausch mit anderen», erklärt er. «Aber vor dem Rennen in Assen fahren wir dort bei den Jacks Racing Days mit. Dann komme ich anschließend auch mal top vorbereitet auf ein IDM-Rennen. Da freu ich mich drauf.»

Kamil Krzemien  war wie seine Teamkollegen direkt vom Einsatz in der Endurance-WM ins tschechische Most gereist. Am Freitag hatte er sich dann wieder vom WM-Bike auf seine IDM-BMW umgestellt. Das für ihn wichtige dritte freie Training fiel dann auch für Krzemien wie für den Rest der Superbiker ins Wasser. Der Regenschauer sorgte zwar für eine willkommene Abkühlung, aber die Trainingskilometer fehlten. Von Startplatz 13 ging es dann am Sonntag in die beiden Rennen, die Krzemien dann jeweils auf dem elften Platz beendete. Gerne hätte er seinem Papa, der polnische Vatertag findet traditionell am 23.Juni statt, ein paar mehr Meisterschaftspunkte mit nach Hause gebracht.

«Ja es war ein hartes Wochenende», meinte Krzemien dann auch anschließend, «ich bin nach wie vor auf der Suche nach der Pace, die ich letztes Jahr hatte. Ich muss auch zugeben, dass ich von meiner Seite nicht perfekt vorbereitet war. Die anderen haben zwischen den Rennen viel getestet und waren mir daher auch in Most immer einen Schritt voraus. Daher hatte ich zu tun, eben die die nötige Pace zu finden.»

«Ich habe meine Rundenzeiten stets verbessert», beschreibt er die positiven Aspekte, «und es lief besser und besser. In beiden Rennen erwischte ich einen sehr guten Start. Am Anfang war ich ganz gut dabei, aber über die Distanz habe ich ziemlich an Grip verloren und konnte nicht dranbleiben. Ich war am Limit, kurz vor einem Crash. In den letzten Runden konnte ich einfach nicht mehr attackieren. Wir haben Punkte geholt und arbeiten weiter dran. Ich freue mich jetzt auf die Rennen in Schleiz, da lief es für mich letztes Jahr wirklich gut.»

Max Schmidt,  mit 20 Jahren der jüngste Pilot im Fahrer-Aufgebot des Teams BCC-alpha-Van Zon-BMW grübelte nach Startplatz 13 im Zeittraining noch über die weitere Taktik. «Ich war einfach zu langsam», übte der Student klare Selbstkritik, «vielleicht wäre auch eine andere Reifenwahl besser gewesen. Im zweiten Training war es dann zu warm. Für die Startaufstellung war das nicht die beste Ausgangslage.»

Die Rundenzeiten verbesserten sich dann bereits im ersten Rennen, doch es blieb bei Platz 13. «Am Start hatte ich viel verloren», berichtet er. «Und immer, wenn ich die vor mir überholt hatte, lief es schief. Einmal musste ich nämlich in der Schikane durchs Kiesbett und ein anderes Mal außen rum. Ohne das hätte es für einen Top-Ten-Platz gereicht.» Den bescherte sich Schmidt dann im Lauf 2, den er als Achter beenden konnte. Schon vom Start weg lief es für den BMW-Piloten besser, obwohl auch er vom Tumult nach den ersten Metern nicht verschont geblieben war. «Doch ich habe versucht, locker zu bleiben», so seine Vorgehensweise. «Mit dem Ergebnis bin ich dann auch so halbwegs zufrieden. Ich bin nicht so glücklich wie sonst, aber ich habe jetzt auch keine schlechte Laune. Most ist im diesjährigen IDM-Kalender meine unbeliebteste Strecke, dafür war es okay.»

In der vierwöchigen IDM-Pause geht es für Schmidt zu einem Instruktoren-Job nach Oschersleben und auch ein paar Moto Cross-Einheiten sind geplant. Außerdem gibt es für den Studenten viel zu lernen. Die nächsten Klausuren werfen ihre Schatten voraus.

Für das Team BCC-alpha-Van Zon-BMW geht es erst einmal in die belgische Heimat, wo man sich dann in aller Ruhe auf die nächste IDM-Runde vorbereiten kann. Am 21. bis 23. August 2023 geht es mit IDM-Wochenende auf dem Schleizer Dreieck weiter.