Den Mercedes-AMG GT3 teilt sich Tom Kalender mit seinem finnischen Teamkollegen Elias Seppänen. Foto: Jens Hawrda |
Beim Saisonstart des ADAC GT Masters im Rahmen der DTM in Oschersleben vom 26. bis 28. April schrieb Tom Kalender (GER) ein kleines Stück deutsche Motorsportgeschichte. Im Mercedes-AMG GT3 von LANDGRAF Motorsport an der Seite des amtierenden Meisters Elias Seppänen (FIN) gab er am Samstag sein Debüt. Im Alter von 16 Jahren und 31 Tagen wurde er zum jüngsten Fahrer in der Geschichte des ADAC GT Masters. Am darauffolgenden Tag machte er sich durch den Triumph im zweiten Rennen auch zum jüngsten Sieger in der 18-jährigen Historie der prestigeträchtigen Meisterschaft. Die Rennserie ist damit älter als Kalender selbst. Vor der zweiten Saisonveranstaltung auf dem Circuit Zandvoort am kommenden Wochenende sprach der Newcomer im Interview über seinen Einstand nach Maß.
Du hast Oschersleben Unglaubliches erreicht – du bist als jüngster Fahrer im ADAC GT Masters gestartet, hast dein erstes Rennen als Zweiter beendet und dein zweites direkt gewonnen. Wie hast du das alles erlebt, wie hast du dich vorbereitet und wie fühlt sich das mit etwas Abstand an?
Tom Kalender: „Als wir in Oschersleben ankamen, war ich zunächst völlig überwältigt von dem Team-Aufgebot – vier LKW, eine große Hospitality, ein Cateringfahrzeug und über 20 Personen, die nur für Elias und mich angereist waren. Das war alles neu für mich und so etwas hatte ich wirklich nicht erwartet. Auf der einen Seite fühlte ich mich durch die ganzen Umstände sehr geehrt. Aber es kamen auch Gedanken auf, wie ‘Was ist, wenn ich den Anforderungen nicht gerecht werde, einen technischen Defekt habe oder einen Fahrfehler mache?‘. Vor Oschersleben hatte ich nur wenige Testtage im Mercedes-AMG GT3. Als dann am Donnerstagmorgen der Test begann, habe ich mich nur noch auf mein Auto und mein Team konzentriert. Ich habe gemerkt, dass das gesamte Team absolut professionell und fokussiert arbeitet, das hat mir ein gutes Gefühl gegeben. Die Stimmung war das ganze Wochenende über bestens. Das passende Umfeld ist für mich sehr wichtig, weil ich weiß, dass die Ingenieure, Mechaniker und Teamchefs genauso beteiligt sind wie ein guter Fahrer. Wir alle waren total motiviert. Auf die Rennen vorbereitet habe ich mich vorab mit Simulatortraining und mit Ausdauer- und Fitnesstraining sowie Kraft- und Reaktionstraining. Vor Ort hat unser Ingenieur die Streckenführung, Besonderheiten und Boxenstrategie genauestens mit uns besprochen. Mit etwas Abstand betrachtet bin ich sehr stolz auf das gute Resultat. Es war mein erstes Rennen in einem GT3-Fahrzeug. Mir ist es gelungen, mich gegen erheblich erfahrenere Piloten, die teilweise schon mehrere Jahre in höheren Serien unterwegs waren, durchsetzen.“
Wann hast du gemerkt, dass das ein erfolgreiches Wochenende für dich, Elias und das gesamte Team werden kann?
Tom Kalender: „Ich habe sofort am Donnerstag gemerkt, dass Elias und ich sehr schnell unterwegs waren. Wir konnten gute Zeiten fahren und haben Selbstvertrauen getankt. Das erste Qualifying am Samstag sollte Elias als der erfahrenere Fahrer von uns beiden fahren. Als er das Qualifying auf Platz drei beendete, wusste ich, dass wir konkurrenzfähig sind. Das Rennen konnten wir dann nach einem sehr guten Boxenstopp auf dem zweiten Platz beenden. Von diesem guten Ergebnis war ich völlig überwältigt und überglücklich. Das hat mich aber für den Sonntag motiviert. Ich wusste, dass eine Top-3-Platzierung möglich war. Mit nur 0,031 Sekunden Rückstand auf David Schumacher konnte ich das Qualifying auf Platz zwei beenden. Da wurde mir bewusst, dass ich mich auch als jüngster Fahrer der Geschichte gegen die Konkurrenz durchsetzen konnte. Durch ein perfektes Rennen konnten wir dann im zweiten Rennen den Sieg einfahren. Elias hat mir das gesamte Wochenende über extrem geholfen. Wir sind in den letzten Wochen gute Freunde geworden. Er kommt mich öfters besuchen und wir bereiten uns gemeinsam am Simulator auf die Rennen vor. Ich schätze seine Ausgeglichenheit und seine Ruhe. Er hat letztes Jahr das ADAC GT Masters gewonnen und gibt mir viele gute Tipps. Wir teilen beide die Einstellung, unser Ego in den Hintergrund zu stellen, denn wir wissen, dass wir nur als Team erfolgreich sein können. Mit Elias habe ich den für mich besten Fahrer gefunden. An dem Sieg waren aber nicht nur Elias und ich beteiligt, sondern das gesamte Team mit Mechanikern, die das Auto absolut perfekt vorbereitet haben und den Ingenieuren, die das optimale Setup für das Auto gefunden und eine perfekte Boxenstrategie entwickelt haben.“
Wie waren die Reaktionen auf deinen Erfolg und wie sehr motiviert dich das?
Tom Kalender: „Das gesamte Team war überglücklich. Damit hätte niemand gerechnet. Zu Hause gab es eine Flut von Glückwünschen von Freunden, Bekannten und Verwandten. Es wurde auch viel in lokalen Zeitungen und Motorsportmedien berichtet. Das macht mich sehr stolz und glücklich. Ich betreibe den Motorsport seit meinem vierten Lebensjahr und mein großes Ziel war es immer, Profirennfahrer zu werden. Momente wie die in Oschersleben ermutigen und motivieren mich, immer weiterzumachen und noch härter an meiner Rennfahrerkarriere zu arbeiten. Die ganzen Reaktionen haben mir noch einmal klar gemacht, dass wir jetzt die Rolle der Gejagten einnehmen. Deswegen durften wir uns nicht auf dem Erfolg ausruhen, sondern mussten uns direkt im Anschluss auf das nächste Rennen in Zandvoort am kommenden Wochenende vorbereiten.“
Quelle: adac-motorsport