Alessandro
Zanardi (IT) ist startklar: In einer Woche beginnt für den BMW Werksfahrer die
Comeback-Saison im Motorsport. Der 47-Jährige tritt 2014 mit einem für seine
Bedürfnisse umgebauten BMW Z4 GT3 von ROAL Motorsport in der Blancpain Sprint
Series an. Der Saisonauftakt wird am Ostermontag, dem 21. April, in Nogaro (FR)
ausgetragen.
Alessandro Zanardi startet 2014 in der Blancpain Sprint Series Foto: BMW-Motorsport |
Alessandro
Zanardi: „Sehr. Die Blancpain Sprint Series ist eine großartige Meisterschaft,
und ich bin stolz darauf, mit BMW ein Teil von ihr zu sein. BMW ist für mich
nicht einfach nur eine Marke – es ist fast wie eine Familie. Seit meinem Unfall
2001 fahre ich für BMW und wir haben gemeinsam wunderbare Erfolge gefeiert. Ich
freue mich auch, dass ich dieses neue Abenteuer mit einem sehr engen Freund von
mir angehe: mit Roberto Ravaglia und mit ROAL Motorsport.“
Wie zufrieden sind Sie mit der Saisonvorbereitung?
Zanardi:
„Ich bin insgesamt sehr zufrieden. Wir haben im Winter ein gutes Testprogramm
absolviert, bei dem wir eine Menge gelernt haben. Wir haben noch ein paar
offene Fragen bezüglich der Abstimmung oder darüber, wie wir die Reifen optimal
nutzen können, aber im Verlauf der Saison werden wir zweifellos weiter
dazulernen. Die Rundenzeiten waren mehr als viel versprechend. Was die
Performance angeht, haben wir das Auto mit jedem Test besser kennengelernt. Das
Auto und ich sind zu einer richtigen ‚Einheit‘ geworden, denn der BMW Z4 GT3
muss auf eine Art und Weise gefahren werden, die genau meinem Fahrstil
entspricht. Ich fühle mich im Auto wohl, aber manche Dinge werden wir erst im
Rennen selbst herausfinden. Wir können noch nicht beurteilen, wie die
Performances unseres BMW Z4 GT3 und der Autos unserer Mitbewerber über eine
Renndistanz aussehen. Insgesamt erwarte ich eine große Herausforderung. Es wird
nicht einfach, an der Spitze mitzufahren, denn meine Gegner sind sehr schnell
und talentiert, und sie fahren konkurrenzfähige Autos. Aber wir werden es
versuchen und unser Bestes geben, damit wir Nogaro zufrieden verlassen können.“
Was wäre eine realistische Zielsetzung für das erste
Rennen in Nogaro?
Zanardi:
„Das ist schwierig zu sagen. Lassen Sie mich so antworten: nah an den besten
BMW dran zu sein. Denn es ist schwierig einzuschätzen, wo die anderen Autos mit
der ‚Balance of Performance‘ stehen werden. Wir sind bisher nur beim Test in
Paul Ricard zusammen mit den anderen auf die Strecke gegangen, doch das ist
nicht sehr aussagekräftig, weil man nicht weiß, unter welchen Bedingungen sie
gefahren sind. BMW war immer schon ein sehr konkurrenzfähiges Auto, und wenn
das auch hier der Fall ist, dann sollte uns auf die anderen Teams nicht viel
fehlen. Sollte uns das gelingen, wäre das für mich schon ein bemerkenswertes
Ergebnis. Man muss auch bedenken, dass die anderen Fahrer mehr Erfahrung in
diesem Format haben als ich. Es wäre fantastisch, wenn ich in der Qualifikation
zum ersten Rennen in die Top 10 fahren könnte. Es kann aber auch sein, dass ich
über einen 20. Platz glücklich bin. Es kann passieren, dass wir nicht genau da
hinkommen, wo wir hin möchten. Nicht, weil wir einen Fehler gemacht oder nicht
unser Bestes gegeben haben, sondern einfach, weil die anderen stärker waren.“
Alessandro Zanardi bei Testfahrten im BMW Z4 GT3 Foto: BMW-Motorsport |
Auf welche Bereiche haben Sie, BMW Motorsport und ROAL
Motorsport in der Vorbereitung des BMW Z4 GT3 für die Saison die Schwerpunkte gelegt?
Zanardi:
„Die erste Aufgabe war, das Auto so umzubauen, dass ich mich darin wohl fühle.
Dabei mussten wir nicht bei null mit einem weißen Blatt Papier anfangen,
sondern wir konnten auf unsere früheren Erfahrungen aus der WTCC zurückgreifen.
Das hat uns ermöglicht, recht schnell zu einer sehr guten Lösung zu finden. Ich
fühle mich in diesem Auto mindestens genauso wohl wie im BMW 320i in der WTCC.
Die
zweite Aufgabe war, das Auto abzustimmen. Anfangs mussten wir die Eigenheiten
des Reifens kennenlernen. So haben wir am Set-Up des Autos gefeilt, und das
wird auch während der Saison eine unserer größten Herausforderungen sein. Denn
auf jeder Strecke bekommt man es mit anderen Problemen zu tun, und man muss
jedes Mal aufs Neue die perfekte Abstimmung finden. Doch wir sind ein starkes
Team, und wir haben BMW Motorsport an unserer Seite, um zu helfen und notfalls
auch zu korrigieren, falls wir Fehler machen. Mit all dieser Erfahrung sollte
es uns möglich sein, an jedem Rennwochenende ein gutes Auto zu haben.“
Können Sie beschreiben, wie Sie das Auto fahren?
Zanardi:
„Ich bremse mit meiner Beinprothese, indem ich die Hüfte bewege. Schon 2003 hat
sich sehr schnell gezeigt, dass die Benutzung meiner rechten Prothese die wohl
beste und effizienteste Art ist, das Bremspedal zu bedienen. Deshalb haben wir
uns für diesen Weg entschieden und ein entsprechendes System entwickelt. Es ist
sehr nah dran an dem, wozu ein menschliches Bein in der Lage ist. Alles andere
mache ich mit meinen Händen. Ich muss nicht nur lenken, sondern ich gebe auch
Gas, mit einem Ring, der sich hinter dem eigentlichen Lenkrad befindet. Ich
schalte über Schaltwippen mit den Fingern. Die Kupplung betätige ich mit einer
kleinen Wippe, die auf dem unteren Teil des Lenkrads montiert ist. Im BMW Z4
GT3 funktioniert alles elektronisch, und das ist ein Vorteil verglichen zu
unserer Zeit in der WTCC. Damals hatten wir eine H-Schaltung, die ich mit
meiner Hand bedient habe. In den Bremszonen hatte ich also einiges zu tun: Ich
musste die Kupplung bedienen und schalten und habe praktisch mit meinem
Handballen gelenkt.“
Wie müsste die Saison verlaufen, damit Sie danach sagen
würden, dass sie gut war?
Zanardi:
„Das ist sehr schwer zu sagen. Wenn Sie mich vor den Paralympics 2012 in London
gefragt hätten, ob ich mich über eine Medaille, zum Beispiel eine
Bronzemedaille, freuen würde, hätte ich geantwortet: ‚Wow! In meinem Alter, mit
all diesen talentierten Jungs, die viel jünger sind als ich – ich wäre
überglücklich!‘ Doch rückblickend wäre es sehr schade gewesen, nur eine
Bronzemedaille mit nach Hause zu bringen. Dennoch – zum jetzigen Zeitpunkt
würde ich sagen: Sollte ich die Saison mit einem Sieg auf meinem Konto beenden,
wäre ich nicht nur zufrieden, sondern wirklich begeistert!“