Donnerstag, 1. Mai 2025

IDM SBK: Zanetti und Ducati wollen den Titel

Ducati-Pilot Lorenzo Zanetti konnte das Auftaktrennen 2024 am Sachsenring zwar gewinnen, der Rest der Saison verlief für den Italiener aber nicht wie erhofft. Giulio Fabbri, Head of Product Communications bei Ducati, erklärt uns im Interview, wo im vergangenen Jahr die Herausforderungen lagen, was man für die kommende Saison anders angehen will und welchen Stellenwert die IDM für Ducati als Hersteller hat.

Giulio, was bedeutet die IDM für euch als italienischen Hersteller?

Die IDM – aber auch andere nationale Meisterschaften – sind für uns sehr wichtig. Sie machen unsere Marke in den jeweiligen Ländern sichtbarer. Aber die IDM ist für uns ganz besonders bedeutend. Ein Grund ist das sehr hohe sportliche Niveau. Wenn du hier gewinnst, dann weißt du: Du kannst auch anderswo ganz vorne mitmischen. Und natürlich spielt auch eine Rolle, dass Ducati zu Audi gehört – also ist es für uns wichtig, hier präsent zu sein.

Ihr seid nicht nur als Hersteller präsent, sondern habt mit Lorenzo Zanetti auch einen ehemaligen italienischen Meister im Team, der als Entwicklungsfahrer an der Panigale V4 arbeitet. Was war sein Feedback nach seiner ersten IDM-Saison?

Ich bin ehrlich – ich bin ein großer Fan von Lorenzo Zanetti. Ich kenne ihn, seit er auf Pocket-Bikes unterwegs war, mit sechs Jahren. Wir sind gute Freunde, und er spricht sehr offen mit mir. Er hat gesagt: „Giulio, ich hätte nie gedacht, dass das Level in der IDM so hoch ist.“ Man liest vielleicht nur die Namen und denkt sich: „Okay, vielleicht ist einer der Fahrer schneller als der Rest.“ Aber wenn du dann wirklich antrittst, merkst du sofort: Das sportliche Niveau ist unglaublich hoch. Lorenzo war selbst überrascht und hat schnell gemerkt, dass wir mit einem Serienmotorrad wie im Vorjahr nicht mehr konkurrenzfähig sind.

Lorenzo Zanetti fährt bei Ducati Frankfurt in einem deutschen Team, mit Lukas Tulovic ist in diesem Jahr ein weiterer, sehr starker Fahrer an seiner Seite. Wie wird Ducati auf Zanettis Einschätzung reagieren – wird es von Ducati Italien beziehungsweise aus der Zentrale in Bologna Unterstützung geben?

Ich sage mal so: Ja und nein. Ducati ist offiziell nur in MotoGP, der Superbike-WM und im Motocross direkt involviert. In den nationalen Meisterschaften wird alles von den lokalen Teams organisiert. In manchen Ländern unterstützt die jeweilige nationale Ducati-Niederlassung die Teams mit Geld oder durch Partner – aber grundsätzlich liegt die Verantwortung beim Team selbst. Was Ducati von anderen Herstellern unterscheidet, ist: Wenn du ein Team bist und mit Ducati antreten willst, kannst du auf dieselbe Technik zugreifen, die wir in der Superbike-WM verwenden. Das hängt nur vom Budget ab.

Also gibt es keine technischen Einschränkungen – wenn man es sich leisten kann?

Ganz genau. Aber natürlich hat jede nationale Meisterschaft ihre eigenen Regeln. In der italienischen Meisterschaft zum Beispiel gibt es einen Einheitsanbieter für die Elektronik – wie in der BSB, wo gar keine Elektronik erlaubt ist. Wir unterstützen die lokalen Teams deshalb vor allem im Bereich Elektronik. Auf der anderen Seite kannst du bei uns aber im Prinzip genau das kaufen, womit Alvaro Bautista oder Nicolò Bulega fahren.

Und in Frankfurt habt ihr ein Team, das auf einem sehr hohen Niveau arbeitet…

Absolut. Ducati Frankfurt betreibt ein tolles Team – das Level ist wirklich sehr hoch. Lorenzo ist ja nicht nur Fahrer, sondern auch einer unserer offiziellen Testfahrer für die Superbike-WM. Das heißt, er kann direkt mit den Entwicklern sprechen, die die WorldSBK-Maschinen bauen. Dort kann er Feedback geben, ob zum Beispiel für eine bestimmte Strecke Änderungen am Chassis oder an der Elektronik nötig sind. Wir unterstützen das Team – aber wie gesagt, bei uns ist das anders als bei anderen Herstellern, die zum Teil echte Werksteams in den nationalen Serien einsetzen. In den USA zum Beispiel – wir haben dort nach 30 Jahren erstmals wieder die Meisterschaft gewonnen, und das Team wurde komplett von Ducati New York organisiert. Sie haben das Motorrad gekauft, bezahlt, und die Fahrer engagiert. So funktioniert Ducati.

Wenn man es sich leisten kann, bekommt man also echtes Werksmaterial?

Exakt. Wenn du willst – kannst du. Ganz einfach. Du bekommst das beste Material. Letztes Jahr hat Josh Herrin in den USA gewonnen. In Großbritannien hat Tommy Bridewell in der BSB gewonnen. Und genau deshalb hat die IDM für uns ebenfalls eine besondere Bedeutung.

Und mit Blick auf die kommende Saison – was sind eure Erwartungen?

Wenn ich diplomatisch antworten müsste, würde ich sagen: Lassen wir uns überraschen. Aber die Wahrheit ist: Lorenzo Zanetti ist ein Kämpfer. Er will den Titel. Und er weiß ganz genau, dass das Niveau in der IDM extrem hoch ist. Es gibt starke Konkurrenz, teilweise mit deutlich mehr Werksunterstützung. Aber auch in Italien zum Beispiel fährt Michele Pirro – unser MotoGP-Testfahrer – für ein Privatteams. Ducati hat eben einen anderen Ansatz. Am Ende liegt es in den Händen der Teams und Fahrer. Ich glaube, Lorenzo kann viele Rennen gewinnen. Aber es sind eben Rennen – da kann immer etwas passieren.

Die IDM-Strecken sind geografisch gesehen gar nicht so weit von Bologna entfernt – ganz im Gegensatz zu BSB oder MotoAmerica. Wird es offizielle Besuche aus Bologna geben?

Wir kündigen so etwas nie vorher an. Wenn jemand kommt, steht er einfach in der Box. Aber grundsätzlich ist Deutschland für Ducati extrem wichtig – es ist unser zweitgrößter Markt nach Italien. Wir sehen ein großes Potenzial hier. Deshalb ist die IDM für uns so interessant. Ducati ist ein sportlicher Hersteller mit Racing-DNA. Die Multistrada ist zwar auch bei euch das meistverkaufte Modell – wie überall auf der Welt – aber wir sind und bleiben eine sportliche Marke. Wir treten nicht an, um einfach nur mitzufahren.

Vielen Dank für das Gespräch!

Sehr gerne. Und noch ein letzte Bemerkung: Es gibt da einige wichtige Leute bei Audi, die großes Interesse an Ducati haben und das Geschehen in der IDM daher ganz genau verfolgen. Das macht unserer Präsenz in der IDM nochmal zusätzlich spannend (lacht).

Quelle: idm.de