Dienstag, 16. Mai 2023

IDM Superbike Sachsenring

Turbulentere Auftakt für das deutsch-belgische Team BCC-alpha-Van Zon-BMW

Erstes Rennen - Erster Sieg für Ilya Mikhalchik
Foto: Jens Hawrda


Das lange Warten hatte am vergangenen Wochenende endlich ein Ende. Auf dem Sachsenring, wo sich in vier Wochen Marquez und Co beim deutschen Grand Prix wieder ein Stelldichein geben, legten die Piloten der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft mit ihrer Saison 2023 los. Mit am Start in der IDM Superbike auch das deutsch-belgische Team BCC-alpha-Van Zon-BMW von Andy Gerlich und Werner Daemen. Alle fünf Piloten der BMW M1000RR waren gut vorbereitet auf die neue Punktejagd gegangen. Mit Ilya Mikhalchik aus der Ukraine, Kamil Krzemien aus Polen, Bálint Kovács aus Ungarn, Philipp Steinmayr aus Österreich und Max Schmidt aus Deutschland war das Meisterteam am Sachsenring in voller Mannschaftsstärke vertreten.

Ilya Mikhalchik hatte seine bewährte Startnummer 37 gegen die 17 getauscht. «Ich bin ein anderer Ilya geworden», beschreibt der Ukrainer, der aktuell mit seiner Lebensgefährtin seine Zelte in Polen aufgeschlagen hat, seine persönliche Wandlung. «Die 17 ist mein Geburtstag. Die anderen Dinge sind alles Vergangenheit.» Vergangenheit sind auch seine Erinnerungen an den Sachsenring 2020, wo er sich tapfer, aber nach einem Abflug mit einigen Schmerzen, mit dem späteren Meister Jonas Folger duelliert hatte. Eine Lieblingsstrecke wird die Berg- und Talbahn für den dreifachen IDM-Champion dennoch nicht. Auch sein Startplatz 3 in der ersten Reihe war sicherlich nicht ganz nach dem Geschmack des IDM-Rückkehrers.

Doch Mikhalchik ist nicht gerade bekannt dafür, sich von solchen Dingen aus dem Konzept bringen zu lassen. So absolvierte er beim ersten Rennen einen perfekten Start, legte ein flottes Tempo vor, wählte den Weg außen herum und setzte sich bereits beim Einbiegen in die erste Kurve an die Spitze des Feldes. Auch wenn seine Verfolger ordentlich Druck machten, konnte der Ukrainer in den letzten Runden noch mal nachlegen und seinen Vorsprung auf über drei Sekunden ausbauen. Start-Ziel-Sieg hieß am Ende das perfekte Resultat. «Es war ein wirklich nettes Rennen», urteilte Mikhalchik anschließend. «Im Qualifying hatte ich nicht meine schnellste Runde hingelegt und mich auf meine Race-Pace fokussiert. Im Rennen habe ich den Druck von hinten gespürt und habe mich vor allem auf die letzten Runden konzentriert und einfach meinen Job gemacht.» Seinen Job hätte der BMW-Pilot nur allzu gerne auch im zweiten Rennen gemacht. Auf Grund der in der IDM angewandten umgekehrten Reihenfolge musste Mikhalchik von Platz 9 los. Um seine Podest-Chancen zu wahren, suchte er nach einem guten Start erneut den Weg über die Außenbahn. Doch sein Mut wurde nicht belohnt. Über das Vorderrad rutschte er aus dem Rennen ins Kiesbett – sein Lauf war zu Ende bevor es richtig angefangen hatte. Das Ziel, seinen vierten Meistertitel zu holen, bleibt. Jetzt eben als Jäger und nicht als Gejagter.


Kamil Krzemien # 7, BMW M 1000 RR
Foto: Jens Hawrda


Kamil Krzemien war nach einer erfolgreichen Saison 2022, die er beim Finale in Hockenheim mit seinem ersten IDM-Podestplatz gekrönt hatte, mit gedämpften Erwartungen an den Sachsenring gereist. Der junge Pole hatte keine ganz reibungslosen Trainingstage und scheute sich nicht, seinen 22. Startplatz zu erklären: «Ich bin vor dem Freien Training am Freitag noch nie auf dem Sachsenring gefahren. Die Strecke ist nicht leicht zu lernen. Es geht ewig linksherum, dazu gibt es viele blinde Ecken. Schade auch, dass mir durch den Regen das dritte Training verloren ging. Aber ich muss mal meine Daten checken, denn der Abstand nach vorne ist mir zu groß.»

Der BMW-Pilot brütete entsprechend intensiv mit den Technikern über seinen Aufzeichnungen und mit zwei zehnten Plätzen am Sonntag wurden seine Mühen belohnt. Auch wenn Krzemiens Punkte-Hunger nicht wirklich gestillt wurde. «Nach der Start-Position wusste ich, dass es nicht meine beste Platzierung werden würde. Ich hatte im Vorfeld keinen Master-Plan. Spaß haben und Punkte holen war angesagt – und das hat geklappt. Es war uns vorher klar, dass es auf der für mich unbekannten Strecke nicht gerade mein bestes Wochenende werden würde.» Nach den beiden Rennen ging es für Krzemien auf direktem Weg nach Oschersleben. Dort wurde der Pole für ein privates Coaching gebucht. Mit im Gepäck auch seine privates Test-Motorrad. «Wenn das Wetter passt, fahre ich Ende der Woche noch ein paar Runden zur Vorbereitung auf den nächsten IDM-Lauf.» Die Wettervorhersagen für die Gegend rund um Oschersleben sieht aktuell gut aus.

Bálint Kovács ist einer der Neuzugänge im Team, welches im Vorjahr mit Markus Reiterberger dessen vierten IDM Superbike-Titel geholt hatte. «Ich war zuletzt vor sieben Jahren mit einer 300er hier auf der Strecke», erinnert sich er Ungar. «Mit einem Superbike ist das jetzt schon eine ganze andere Hausnummer. Obwohl ich allerdings zugeben muss, dass mir Stop-und-Go-Strecken mehr liegen.»

Davon merkte man bei den beiden Rennen, das erste ging für Kovács von Startplatz 11 los, nicht viel. Am Ende glänzte der Nachwuchspilot mit den Plätzen 6 und 7 im Ziel. «Hätte mir das vorher jemand gesagt», so ein von sich selbst überraschter Ungar, «ich hätte es nicht geglaubt. Aber ich bin happy und die Rennen haben echt Spaß gemacht. Ich konnte mehr Meter auf dem Sachsenring machen und verstehe auch das Motorrad besser und da wurde es für mich leichter.» In den Rennen hatte er es im Kampf um die begehrten Punkte vor allem mit seinen Teamkollegen Max Schmidt und Philipp Steinmayr zu tun. «Das hat gut geklappt», versichert Kovács, «in der Box stimmt es zwischen uns und auf der Strecke versucht natürlich jeder sein eigenes Ding zu machen. Aber es ging jederzeit fair zu.» Vor dem nächsten Rennen in der Motorsport Arena Oschersleben geht die Reise des Ungarn noch an den Slovakiaring, wo er sich für die Teilnahme an der Alpe Adria-Meisterschaft angemeldet hat.

Philipp Steinmayr feierte auf dem Sachsenring zwar nicht seine Superbike-Premiere, doch der Österreicher war erstmals auf einer BMW in Deutschlands höchstem Motorradsport-Prädikat am Start. Hatte er am Freitag noch eine weiße Weste behalten, rumpelte er in der Anfangsphase des ersten Qualifyings kurz durchs Kiesbett, überstand den außerplanmäßigen Ausflug aber schadlos. Am Ende schaffte er den Sprung in die Top Ten und sicherte sich Startplatz 9. «Mein Start war zwei Mal nicht berauschend», gab er nach den Plätzen 7 und 8 in den Rennen zu. «Leider. Das lag an mir, da muss ich einfach noch mehr Gefühl bekommen. Aber ich bin noch ganz gut weggekommen.» Im Rennen bekam er es vor allem mit Teamkollege Bálint Kovács zu tun. «Er ist gut gefahren», so der Österreicher, «ein wenig hat er mich aufgehalten, aber ich kam einfach nicht vorbei. Er hat die letzte Runde echt gut abgedeckt.»

Der Einstieg ins zweite Rennen und auch die ersten Runden gelangen Steinmayr nach eigener Aussage gut. «Als dann Vladimir Leonov direkt vor mir stürzte», schildert er, «hat mich das ein wenig aufgehalten, da ich nicht wusste, wo er jetzt hinstürzt und er auf der Strecke rumkullerte. Da habe ich Zeit verloren. Für mich fingen dann ein wenig die Probleme mit dem Vorderrad an. Es hat ziemlich drübergeschoben und war nicht einfach zu fahren.» Am Ende musste sich Steinmayr noch seinen Teamkollegen Kovács und Max Schmidt geschlagen geben. «Es war für mich natürlich enttäuschend», gibt er zu, «am Ende da noch durchgereicht zu werden. Platz 5 wäre drinnen gewesen. Aber es war trotzdem ein tolles Wochenende. Das Motorrad macht Spaß, das Team arbeitet perfekt. Das macht Laune. Beim nächsten Mal wird es besser. Hier war die Strecke neu und das Motorrad kenn ich auch noch nicht gut. Ich hoffe, in Oschersleben nochmal einen Schritt zu machen.»

Max Schmidt, ebenfalls neu im Team und neu bei BMW, ist mit 20 Jahren das Küken der Truppe, was ihn nicht von flotten Rundenzeiten abhielt. «Ich war vor sechs Jahren mit dem ADAC Junior Cup hier», erinnert er sich. «Stark bremsen konnte man mit dem Motorrad damals auch, aber die Beschleunigung mit einem Superbike ist schon ein Wahnsinns-Unterschied. Da es hier fast immer linksherum geht, ist es gar nicht so einfach, ein gutes Set up zu finden. Man muss auf jeden Fall das Reifen-Management gut im Auge behalten.» Der 20-Jährige überzeugte dann mit Startplatz 10.

Nach Platz 8 im ersten Rennen bot Schmidt vor allem in der Schlussphase des zweiten Rennens eine überaus ansprechende Performance und durfte sich verdientermaßen für Platz 5 feiern lassen. «Mit dem ersten Rennen war ich nicht ganz zufrieden», gab er anschließend zu. Der Grund: Die Teamkollegen Bálint Kovács und Philipp Steinmayr waren vor dem Wuppertaler ins Ziel gekommen. «Ich war nur ein, zwei Zehntel langsamer. Wäre ich von Anfang an dabei gewesen, hätte ich mit ihnen kämpfen können.» Dank Platz 8 durfte Schmidt dann wegen des Reverse Grid im zweiten Rennen von Platz 5 losdüsen. «Wirklich viel hat mir der Platz aber nicht gebracht», beschreibt er, «ich habe ziemlich viel verloren. Dann war eine Dreier-Gruppe vor mir und der Abstand blieb gleich. Aber ich habe schnell gemerkt, dass es bei mir gut läuft, der Reifen nicht so stark abbaute und ich gut mit der Elektronik arbeiten konnte. Beim Kurvenausgang hatte ich einen guten Speed und auf der Bremse klappt es bei mir eh gut.» Als Schmidt an der Gruppe dran war, bremste er sich in Kurve 1 vorbei. Ein Konter der Konkurrenz mit seinen Teamkollegen Bálint Kovács und Philipp Steinmayr blieb aus. «In der letzten Runde hatte Toni Finsterbusch vor mir Probleme beim Schalten und war ein leichtes Opfer», so Schmidt. «Mit Platz 5 war ich echt happy, auch Werner war mit der Leistung glaub ich ganz zufrieden.»